Beobachtungen zum Aggressionsverhalten bei Goldbugpapageien
von Rudi Kock†
Dieser Artikel erscheint in der März- oder Aprilausgabe der VZE Vogelwelt
Auch bei gut harmonierenden Goldbugpapageien-Paaren kommt es gelegentlich zu Aggressionen unter den Tieren, zum Teil mit schwerwiegenden Folgen. Mit mehreren Paaren habe ich folgendes erlebt: Die Paare fangen mit der ersten Brut an, und alles verläuft zunächst ruhig und friedlich. Nachdem die Jungen flügge geworden sind, bleiben sie bei mir noch ca. 6 bis 8 Wochen bei den Eltern. Wenn die Jungen dann von den Eltern getrennt werden, kommen die Männchen der Brutpaare manchmal wieder in Brutstimmung und möchten mit der zweiten Brut beginnen, aber die Weibchen brauchen dann noch ein bisschen mehr Ruhe. In dieser Phase kann es zu aggressivem Verhalten der Männchen gegenüber den Weibchen kommen. Zum Glück habe ich nur wenige Männchen, die zu Aggressionen neigen. Dann fangen die Männchen an, die Weibchen zu jagen, bis sie nicht mehr fliegen können und auf dem Boden sitzen. Nun beginnen die Männchen, auf die Weibchen einzubeißen, so dass sie unter Umständen schwer verletzt am Boden liegen bleiben oder gar getötet werden.
Dies war die erste Verletzung vom 10.11.2010
Ich habe mehrere Versuche unternommen, die Jungen 10 bis 12 Wochen bei den Eltern zu belassen. Dann fängt das Männchen bei neu aufkommender Brutstimmung aber an, die jungen Männchen zu jagen. Das ist somit auch keine Lösung, am besten verbleiben sie deshalb nur 6 bis 8 Wochen bei den Eltern und werden dann in die Jungvogelvoliere umgesetzt. Eine Lösungsmöglichkeit besteht nach meiner bisherigen Erfahrung darin, den Nistkasten zeitweise wegzunehmen oder das Schlupfloch zu verschließen, wenn die Jungen nicht mehr im Nistkasten schlafen, was etwa 3 Wochen nach dem Ausfliegen der Fall ist. Dann warte ich 8 bis 10 wochen, bevor ich den Nistkasten wieder bereit stelle oder das Einschlupfloch öffne, und nach ca. 3 Wochen liegt das erste Ei im Nistkasten.
Die zweite Verletzung vom 08.11.2012
Wenn ich im Garten bin, höre ich es sofort, wenn die Männchen anfangen, die Weibchen zu bedrängen. Dann fange ich die Weibchen sofort heraus und setze sie in eine gesonderte Box. Nach ca. 3 bis 4 Wochen hänge ich einen Papageienkäfig mit dem Weibchen in den Innenstall. Noch am gleichen Tag fangen die beiden durch die Gitterstäbe an sich zu füttern, dann mache ich die kleine Tür vom Papageienkäfig auf und alles ist wieder in Ordnung. In den 15 Jahren meiner Haltung von Goldbugpapageien habe ich bis jetzt sechs Unfälle mit fünf Männchen gehabt. Vier Männchen haben die Weibchen getötet und ein Männchen hat das Weibchen schon zweimal erstlich verletzt. Es scheint also so, dass die aggressionshemmenden Mechanismen bei Goldbugpapageien - zumindest unter Volierenbedingungen - nicht immer zuverlässig greifen.
Dieses letztgenannte Paar hat in den letzten 7 Jahren insgesamt 38 Junge ohne Probleme aufgezogen. Zwischen der ersten Verletzung (am 10.10.2010) und der zweiten (am 08.11.2012) zog das Paar 11 Jungen auf, einmal 4, einmal 3 und nochmal 4 Junge. Danach hatten die Tiere eine Ruhephase von 6 Monaten. Dann fing das Männchen an, das Weibchen zu bedrängen und zu verletzen, ich kam leider zu spät. Die Blessurenvon der ersten Verletzung (10.11.2010) waren beim Weibchen nach knapp 4 Wochen verheilt.
Ein Wellensittichpaar kümmert sich um zwei junge Goldbugpapageien.
Bei einem meiner bewährten Zuchtpaare Goldbugpapageien hatte ich Mitte 2012 wiederum zwei Junge im Nistkasten, als das Weibchen sich ein Loch in den Volierendraht nagte und auf Nimmerwiedersehen entflog. Die Jungen waren zu diesem Zeitpunkt schon 50 Tage alt, also fast flügge. Da sich das Männchen aber nicht weiter um die Jungtiere kümmerte, war ich für die restliche Nestlingzeit zur Handaufzucht gezwungen.
Kurze Zeit später brachte mir ein Nachbar zwei Wellensittiche, für die ich eigentlich keine Unterkunft mehr frei hatte. Also setzte ich sie kurzerhand zu den beiden jungen Goldbugpapageien in deren Box mit den Maßen 1,40 x 1,10 x 0,80 m (B x H x T) - auf den Boden hatte ich in der Ecke den Nistkasten mit den Jungen gestellt.
Hier 8 junge Goldbugpapageien im Alter von 6 bis 12 Monaten und das Paar Wellensittiche füttert immer noch die jungen Golbugpapageien.
Hier ein junger Goldbugpapagei, der vom Wellensittich gefüttert wird,
er ist schon 6 Monate alt.
Heute, nach ca. 6 Monaten, fliegen diese Wellensittiche und Goldbugpapageien mit sechs weiteren jungen Goldbugpapageien aus anderen Bruten zusammen in meiner großen Voliere. Wenn es am Abend dunkel wird, sitzen die Wellensittiche immer noch mit den ersten beiden Jungvögeln zusammen. Sobald einer der vier nach draußen in die Freivoliere fliegt, folgen die anderen drei sofort hinterher.
Nach ca. acht Wochen wollte ich das Paar Wellensittiche verschenken, dagegen hat meine Frau allerdings Einspruch erhoben, und so bleiben die Wellensittiche, die so vorbildliche Ersatzeltern waren (vorerst) hier.
Alle Fotos: © Rudi Kock
Rudi Kock, erfolgreicher Poicephalus-Züchter und von allen geschätztes Vereinsmitglied, hat uns im Jahre 2018 für immer verlassen.